Freitag, 15. Januar 2010

Reisen in Ghana

Ghana kennt keine Eisen- oder Straßenbahnen. Sämtlicher Verkehr spielt sich Überland ab, was wohl auch den immensen Verkehrsstau vor allem in den größeren Städten erklärt.




Dem Straßenbild nach zu urteilen, scheint ganz Ghana immer unterwegs zu sein. Überall wo man hinschaut, sieht man überfüllte Busse und Taxen, in denen die Menschen zusammengequetscht den letzten Platz aus diesem Fahrzeug zu holen scheinen.



Und genau mit diesen Verkehrsmitteln bin ich in Ghana unterwegs. Um es etwas anschaulicher zum machen, folgt nun eine kleine Einführung in die Verkehrsmittel und –wege Ghanas.

Ghana besitzt ein „relativ“ gut ausgebautes Straßennetz. Es gibt ungefähr 35.000 Straßenkilometer, von denen rund 10.000 km asphaltiert sind. „Asphaltiert“ ist aber nicht gleich „asphaltiert“! Das Wort „asphaltiert“ bekommt in Ghana eine ganz andere Bedeutung. Man könnte es auch übersetzen als „Schlaglöcher-Labyrinth angereichert mit Brems-Hubbeln“.

Die Brems-Hubbel haben wir in Deutschland ja auch. Das sind Erhöhungen, die oft vor Kindergärten oder Schulen sind, so dass man die Geschwindigkeit reduziert. In Ghana hat der Architekt das wohl etwas zu gut gemeint. Es sind regelrechte Hüpfhindernisse. Selbst wenn man im Schneckentempo fährt, wird man im Fahrzeug noch durchgerüttelt.

Die Schlaglöcher bilden kraterartige Muster. In Deutschland würde man diese Straßenabschnitte aufgrund zu hoher Unfallgefahr sperren.

So ist es ein wahres Erlebnis sich auf den Verkehrswegen Ghanas fortzubewegen. Der Spaß kann aber noch gesteigert werden, wenn man das richtige ghanaische Transportmittel wählt.

Hierfür gib es die folgenden Alternativen: Tro-Tro, Taxi oder Bus.

Tro-Tro

Das populärste Verkehrsmittel ist wohl das Tro-Tro. Es handelt sich hier um ausrangierte VW-Busse, die zu Kleinbussen umfunktioniert wurden.



Ich habe mich ja schon oft gefragt, wo all die alten VW-Busse geblieben sind, die bei uns den TÜV nicht mehr überstanden haben. Nun weiß ich es. Die wurden alle nach Ghana importiert. Kein Scherz. Hier sieht man Tro-Tros mit Schriftzügen wie „Klempnerei Härtel, Sindelfingen“, „Blumenhaus Wetzel aus Erdingen“ oder „RaumColor Sonnenschutz“.




Die Fahrtrouten der Tro-Tros folgen ihrem eigenen „System“. Es gibt keine Nummerierungen, keine Beschriftungen und keine Fahrpläne. Um das richtige Tro-Tro zu bekommen, muss man sich durchfragen. Oft wird man hin und her geschickt, bis man das Richtige gefunden hat. Fahrtzeiten gibt es keine. Man wartet einfach bis eins vorbeikommt.

Bei Langstreckenfahrten heißt die Devise: Es wird so lange gewartet, bis das Tro Tro voll ist. Dann geht die Reise los. So haben wir für unseren Trip nach Kumasi ungelogen zwei Stunden im Tro-Tro gesessen, bis die kritische Personenanzahl erreicht wurde und der Fahrer dann endlich den Motor startete.


Tro-Tros sind oft schlecht gewartet und fürchterlich unbequem, dafür aber „schnell“ und günstig. Das Markenzeichen eines jeden Tro-Tros sind wohl die Sprünge in der Windschutzscheibe, die fast ausnahmslos jedes dieser Fahrzeuge aufweist.


Nach etlichen Stunden, die ich mittlerweile in diesen Gefährten verbracht habe, gewöhnt man sich an die nichtvorhandene Beinfreiheit, die unmittelbar fühlbare Nähe der Mitfahrgäste links und rechts neben mir, sowie das ständige Hüpfen durch die Schlaglöcher und die Brems-Hubbel.



Der Name Tro-Tro geht übrigens auf die frühere Bezeichnung für Threepence in der Twi-Sprache zurück: Tro. Übersetzt heißt das : Autos, die ein paar Cent kosten.


Sehr interessante Orte sind auch die Car-Stationen, wo sich die Tro-Tros sammeln und für Langstreckenfahrten abfahren.




Die Atmosphäre dort ähnelt der der Märkte, neben denen sie meist liegen. Die vielen Menschen, der Lärm, die Farben und die Vitalität der Marktschreier, die Fahrgäste anlocken, haben es immer in sich und zeigen ein Stück aus dem alltäglichen Leben.

Hier sitzen Passagiere, die geduldig auf den Beginn ihrer Reise warten, dort sind Essensverkäufer, die durch die Menge lavieren, um ihre Ware an den Kunden zu bringen, weiter vorne ein Lottoexperte, der in lauten Tönen versucht, die richtigen Lottonummern zu verkaufen.




Taxi

Taxis kommen in zwei Varianten vor: „Shared“ (Sammeltaxi) und „Dropping“ (Individuelles Taxi)

Schared Taxis fahren eine bestimmte Route und weichen nicht davon ab. Unterwegs steigen Leute ein und aus. Dafür zahlt man weiniger als in einem individuellen Taxi: zwischen ein paar Cents und 0,70 EUR für eine Fahrt bis 5 km. Sammeltaxis sind die bevorzugte Variante. Und da die Ghanaer keine Platzangst kennen, werden meist 6 Leute im Taxi transportiert. Vier auf dem Rücksitz und zwei auf dem Beifahrersitz, egal welcher Statur. Für die Routen der Sammeltaxis gibt es keinen Plan oder Ähnliches. Man muss sich wie immer durchfragen.




Wenn man an einem ganz bestimmten Ort abgesetzt werden will, nennt man das Dropping. Das bedeutet, man fährt alleine und zahlt mehr. Durchschnittlich so zwischen 3 – 5 EUR. Taxifahrten sollte man immer vorher aushandeln. Ich habe noch kein Taxi mit Taximeter gesehen.

Aber bitte nicht davon ausgehen, dass ein Taxifahrer auch über Straßenkenntnis verfügt. Zum einen existieren kaum Schilder mit Straßennamen. Wenn es diese in den größeren Städten überhaupt gibt, so stimmen die Namen nicht mit denen in den Karten überein. Und zum anderen werden Adressen sowieso anders mitgeteilt als bei uns. Also nicht „ich möchte in die Hauptstraße Nummer 5“, sondern „gegenüber der Feuerwehr am großen Kreisel links“. Dann hat man eher eine Chance anzukommen. Ansonsten fragt auch der Taxifahrer einfach die Passanten nach dem Weg.

So kommt es nicht selten vor, dass die Fahrt etwas länger dauert als geplant, da sich der Fahrer hoffnungslos verfahren hat. Dies ist uns in Accra passiert. Aus 1 km, wurden 4km, da unser Taxifahrer nicht wusste, wo das Nationalmuseum ist und er ewig im Kreis gefahren ist. Ein Glück hatten wir den Preis vorher ausgehandelt.

Busse
Für längere Fahrten empfehlen sich die sogenannten STC-Busse. Das sind „richtige“ Busse, die etwas komfortabler sind und über eine Klimaanlage verfügen.


Auch wenn am Unkomfortabelsten, aber den meisten „Spaß“ hat man im Tro-Tro.




So kommt es nicht von ungefähr, dass eine der beliebtesten Serien im ghanaischen Fernsehen von einem Tro-Tro handelt. Denn in so einem Fahrzeug treffen die unterschiedlichsten Menschen aufeinander und es gibt immer was zu erleben und zu berichten. Hier spielt sich eben das Leben ab.

Fast hätte ich es vergessen. Einige Orte werden primär von Motorrädern angefahren. In Ghana ist ja alles kein Problem. Den Rucksack auf den Lenker und los geht’s.


Keine Kommentare: